Magdeburger Traum (1986)

Anne Hahn

Das Schreibwarengeschäft riecht nach Schokolade. Die Wände und Regale sind schneeweiß. Eine Verkäuferin lächelt mich an und sieht auf meine Hände hinunter. Darin befinden sich Filz- und Bleistifte, ein Füllfederhalter und ein quadratischer Radiergummi in Regenbogenfarben. Die Verkäuferin nimmt mir lächelnd eins nach dem anderen aus den Händen und packt die Dinge in eine weiße Papiertüte, tippt Zahlen in die Kasse ein, dreht an einer Kurbel, die Kasse rattert, springt auf, und ich stecke meine Hände in die Hosentaschen, auf der Suche nach Geld. Ich fühle ein paar leichte, wertlose Münzen aus Aluminium und erschrecke, ich kann damit hier nicht bezahlen, ich bin doch im Westen! Mitten in diesen Schreck läutet eine Türglocke und ich sehe über meine Schulter, wie sich hinter mir dunkle Schemen an der Ladentür zusammenballen. Ich schaue noch einmal nach vorn, in die gleißende Helle der Auslagen und das grinsende Gesicht der Verkäuferin.